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PORTRAET - Pragmatiker Peters neuer IG-Metall-Chef~

- Von Jan Christoph Schwartz -

Frankfurt, 31. Aug (Reuters) - Jürgen Peters ist an seinem Ziel angekommen: Am Sonntag wählte der Frankfurter Gewerkschaftstag den 59-Jährigen zum Vorsitzenden der IG Metall.

Den Weg an die Spitze der weltgrößten Industriegewerkschaft verfolgte der gelernte Maschinenbauer seit Jahren beharrlich. Auch das Scheitern des Streiks für die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland und die teils heftige Kritik aus den eigenen Reihen an ihm als dem Verantwortlichen für die gewählte Streiktaktik konnte Peters nicht stoppen.

Peters gilt als äußerst machtbewusst. Mitarbeiter schildern ihn aber auch als "bis zur Selbstaufgabe loyal". So habe Peters als IG-Metall-Vize während des wochenlangen Führungsstreits im Frühsommer den damaligen Gewerkschaftschef Klaus Zwickel nie in Frage gestellt, obwohl er dessen Politik nicht geteilt habe. Erst als Zwickel Peters wegen der Produktionsausfälle in der westdeutschen Automobilindustrie durch den Streik in Ostdeutschland öffentlich der Täuschung des Vorstands bezichtigte und zum Rücktritt aufforderte, habe der auf Angriff umgeschaltet. Am Ende war es Zwickel und nicht Peters, der entnervt aufgab.

Peters gilt als als pragmatischer Tarifpolitiker. Er wird dem kämpferischen Gewerkschaftsflügel zugerechnet. Dem Etikett des Traditionalisten wurde Peters auf dem Gewerkschaftstag gerecht, als er der Bundesregierung wegen deren Reformagenda 2010 Sozialabbau vorwarf.

Je nach dem, mit Vertretern welchen Lagers in der IG Metall man spricht, wird Peters mal als gewiefter Taktiker oder "Apparatschik" beschrieben, andere heben seine Kollegialität und Gradlinigkeit hervor. Unumstritten sind seine Erfolge als Tarifexperte der mächtigsten deutschen Gewerkschaft.

Geprägt wurde der 1944 in Oppeln in Oberschlesien geborene Peters von Erfahrungen bei der Umstrukturierung der Stahlindustre, der viele Arbeitsplätze zum Opfer fielen. Seine Erkenntnis daraus lautet, dass betriebsbedingte Kündigungen durch Verhandlungen mit den Arbeitgebern auf Basis von Tarifverträgen verhindert werden müssen. Dabei folgt Peters dem Leitsatz: Jeder Kompromiss, der dabei von der Gewerkschaft im Vorhinein geäußert wird, verschlechtert nur ihre Position in den Verhandlungen. In Zeiten kooperativer Managementmodelle und zunehmender Beteiligung der Belegschaften an Entscheidungsprozessen in ihren Firmen, kann solch eine Einstellung schnell beim alten Eisen landen.

Seinen erlernten Beruf übte Peters nur vier Jahre aus, danach schlug er im Alter von 24 Jahren die Gewerkschafts-Karriere ein. Er besuchte die Akademie der Arbeit in Frankfurt, war später Lehrer an einer Bildungsstätte der IG Metall, danach beim Vorstand der Gewerkschaft angestellt. 1988 wurde Peters Leiter des IG-Metall-Bezirks Hannover, der große Teile Niedersachsens und Sachsen-Anhalts umfasst. Überregional einen Namen machte er sich 1993 durch den Abschluss über die Vier-Tage-Woche bei Volkswagen , die 30.000 Arbeitsplätzen bei dem Wolfsburger Autobauer sicherte. In der aktuell schwachen Autokonjunktur trägt die 28,8-Stunden-Woche erneut dazu bei, dass Volkswagen kein Personal abbauen muss.

Als das neue VW-Tarifmodell 5000 mal 5000 nach heftigem Streit mit der IG-Metall-Zentrale doch noch gelang, war Peters ebenfalls zur Stelle. Auf seine Initiative geht die so genannte Metallrente zurück, ein gemeinsam mit den Arbeitgebern eingerichteter Pensionsfonds zur Kapital gedeckten Altersvorsorge der Metall-und Elektrobeschäftigten, den er gegen Widerstände in den eigenen Reihen durchgesetzt haben soll.

jcs/tin